Easy-Rider Tour Tag 1 – Von Da Lat nach Lien Son

Es geht los! Es ist 8 Uhr morgens und ich esse gerade Pho zum Frühstück während Mui mein Rucksack regenfest auf dem Motorrad verstaut. Ich bin nach wie vor skeptisch wie das funktionieren soll… drei Tage, zu zweit mit meinem 25 kg schweren Rucksack, meinem Kamera-Rucksack und Mui’s Tasche auf dem Motorrad so weite Strecken zu fahren und dabei auch noch einigermaßen bequem zu sitzen. Auf dem ersten Blick macht es jedenfalls einen ganz guten Eindruck.

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Mui – mein Fahrer für die nächsten drei Tage

Als aller erstes bringt mir Mui bei was „Los geht’s“ auf vietnamesisch heißt und meinte, dass er nur darauf reagieren werde. Also, „Di thôi Mui“!! Nachdem also die Details geklärt waren, ging es auch schon los. Die erste Station war ein großer, über die Stadt ragender, goldener Buddha. Das ist nun der dritte riesen Buddha den ich bisher in Vietnam gesehen habe und diesmal sogar in Gold. Woow! An die Statue angeschlossen stand ein relativ großer buddhistischer Tempel, in dem um diese Uhrzeit glücklicherweise noch rein gar nichts los war. Die Glocken in diesem Tempel waren sehr interessant. Sie bestanden aus alten, rostigen, amerikanischen Fliegerbomben die aufgeschnitten wurden. Es gab sie in alles Größen und Formen auf dem Gelände. Muss einen interessanten Ton geben wenn sie
geschlagen werden.

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Goldene Buddha Statue

Anschließend begann der eigentlich Trip. Wir verließen Da Lat und zum ersten Mal sah ich das Ausmaß der Gewächshäuser und Plantagen rund um Da Lat. In Vietnam wächst nahezu alles. Im Norden und im Süden vorwiegend Reis. In den heißen Regionen Vietnams die tropischen Früchte wie Mango, Papaya, Passionsfrucht, Bananen, Ananas usw. Und in den milder Temperierten Gebieten alles was auch bei uns wächst, also Kartoffeln, Möhren, Kohl, Äpfel, Erdbeeren usw. Die Vietnamesen scheinen wirklich alles zu haben.

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Gewächshäuser soweit das Auge reicht

Nach den ersten landschaftlich wunderschönen Kilometern machten wir unseren ersten Stopp. Wir hielten an einer Reisnudelfabrik. Na gut, Fabrik ist hier etwas übertrieben. Es waren eher zwei Räume mit Maschinen die aus in Wasser aufgelöstem Reismehl durch heißen Dampf diese Köstlichkeit herstellen konnten. Ich weiß nicht ob ihr es wisst, aber Reis gibt es hier nicht nur in der klassischen Korn Form. Hier werden so viele unterschiedliche Speisen und Zutaten aus Reis hergestellt wie nirgendwo sonst. Von Reisnudeln über Reispapier und sogar in vielen nationalen Getränken spielt Reis irgendeine Rolle. Der kleine Familienbetrieb macht nichts anderes als Reisnudeln in sämtlichen Variationen herzustellen. Dabei spannt der Vater und Chef des Unternehmens die ganze Familie mit ein. Da kommen also die leckeren Köstlichkeiten aus Reis her und so werden sie gemacht. Echt interessant das mal zu sehen.

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In einer Reisnudelfabrik
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Hier wird der Reisnudelteig wahnsinnig dünn ausgerollt…
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…und anschließend geschnitten.
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Zu Besuch in einer Kohlepressfabrik
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Herstellung von Kohlebriketts

Nach der Besichtigung gab es dann Bánh cuốn mit Fischsoße gratis und es schmeckt
sooo gut. Ich hoffe ich finde das irgendwo in Deutschland. Später hielten wir noch an einer Kohlenpresse, einer Curry-Farm und einer Seidenfabrik und der dazugehörigen Seidenspinne- Zucht. Aus einem Kokon einer Seidenraupe wird doch echt ein 1000 m langer Seidenfaden. Dazu werden die Kokons in heißem Wasser gekocht damit sich das Gewebe lockert. Das heiße Wasser dafür wird übrigens durch das Verbrennen der Schalen von Reis und Kaffeebohnen gewonnen. Also ich muss echt sagen, der Kreislauf hier ist clever, hier wird nichts ungenutzt gelassen.

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Seidenspinnerraupe aus nächster Nähe
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Seidenspinnerzucht
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Seidenspinnerkokons werden im Wasserbad gesäubert
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Aus den Kokons wird die Seide gewonnen

Ehrlich gesagt hatte ich bevor ich nach Vietnam kam keine Ahnung, dass hier auch Kaffee angebaut wird. Aber den gibt es hier und zwar in Massen. Auf etwa 500.000 Hektar wird hier Kaffee angebaut und damit ist Vietnam nach Brasilien der zweitgrößte Kaffee Exporteur. Vorwiegend Robusta Bohnen, aber auch einen kleinen Teil Arabica sowie eine Spezialität ähnlich wie dem Katzen-Kaffee aus Indonesien. Nur ist hier das Wiesel der Übeltäter der die Bohnen frisst und wieder…. ausscheidet. Ich hatte die Möglichkeit Kaffee zu pflücken und habe gesehen was mit den Bohnen passiert bis sie in Säcken zu den Röstereien im In- oder Ausland transportiert werden. Überall werden die frisch gepflückten Bohnen vor den Häusern auf großen Planen getrocknet eh sie dann in kleinen Maschinen entschalt werden. Eins steht fest, frischer Kaffee riecht nicht im Ansatz so wie der geröstete. Im Gegenteil, überall in der Luft lag der stinkende Geruch von frischen Kaffeebohnen.

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Kaffeepflückerin bei der Arbeit
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Ich darf auch mal ran
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Erntemaschine auf der Kaffeeplantage
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Erntehelfer auf dem Weg zur Kafffeeplantage
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Kaffeebohnen trocknen in der Sonne

Mit das schönste an der ganzen Tour waren die Leute und ihre Reaktion auf mich. Im Gegensatz zu den Vietnamesen in den Touristen-Städten waren diese Menschen im Hochland noch nicht so vom Geld und dem Tourismus verdorben. Ich wurde des öfteren unterwegs auf ein Glas Tee eingeladen und mit einem schüchternen Lächeln begrüßt. Keinen einzigen Touristen habe ich an diesem Tag unterwegs gesehen. Das war das Vietnam wie es authentischer nicht sein konnte. Manche der Leute die mich gesehen haben konnten gar nicht mehr wegschauen. Mui, mein Guide, sagte mir das es in diesen abgelegenen Gegenden noch Leute gibt die noch nie einen weißen, blonden Mitteleuropäer in Natura gesehen haben und das erklärt auch die Reaktion.

Am Ende des Tages haben wir noch einen Stopp in einer Siedlung der dortigen ethnischen Minderheit gemacht, den „Mnong“, von denen es in Vietnam noch etwa 200.000 gibt. Ihre traditionellen Häuser habe ich nicht das erst Mal gesehen. In meiner ersten Woche in Hanoi habe ich ein Museum der ethnischen Minderheiten Vietnams besucht und auf dem Außengelände genau so ein Haus gesehen. Jetzt sehe ich es im echten Leben und besuche sogar die Familie die darin wohnt.

Das Haus steht auf Stelzen was in erster Linie der Belüftung von unten dient, aber auch den Tieren, meist Kühen, als Stall dient. Der Nachteil des ganzen ist nur, dass es im Haus unter Umständen schon mal etwas „strenger“ riecht. Innen ist das Haus wirklich schlicht und einfach gehalten. Die Küche besteht nur aus ein paar einfach Kochstellen auf dem Boden. Einen Rauchabzug gibt es natürlich nicht, was dafür sorgt, dass die Hausbewohner tatsächlich stark nach Rauch riechen, zumal sie auch noch in der Küche schlafen. Neben der Küche gibt es nur noch einen weiteren Raum. Bis auf eine lange Bank und einen Schrank steht hier rein gar nichts. Seit etwa 10 Jahren haben die Mnong elektrischen Strom. Das ist aber auch der einzige Luxus, den die Menschen hier haben. Auf dem Boden vor dem Fernseher lag ein kleines, etwa 7 Jahre altes Mädchen. Sie schien Fernzuschauen und nebenbei ein bisschen rumzupielen und etwas vor sich hinzusingen. Der Hausherr erzählte, dass es seine kleine Nichte sei und das sie krank ist. Er erzählte, dass sie dieses Kopfschütteln den ganzen Tag über hat, nichts von ihrer Außenwelt mitbekommt und mit einem anatomischen Missbildung geboren wurde. Er stand auf, drehte das Mädchen
auf den Rücken und hob das Shirt hoch. Dieser Moment ging mir echt so unglaublich nah. Erst jetzt sah ich das Gesicht des Kindes und sah die offensichtliche Behinderung. Auf dem Bauch auf Höhe des Brustbeins war eine tiefe Kuhle. Es schien als wäre gar kein Brustbein oder gar Rippen vorhanden. Ich wusste nicht was sagen sollte. Auch Mui der zum ersten Mal bei dieser Familie war, war angespannt. Das Problem ist, das niemand weiß was mit dem Mädchen los ist, weil einfach kein Geld für ein Arzt da ist und an eine medizinische Versorgung erst gar nicht zu denken ist.

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Hütte auf Stelzen
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Kochstelle in der Hütte
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Im Inneren der Hütte
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Hier spielt sich das gesamte Familienleben ab
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Wasserbüffel am Wegesrand
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Schwimmende Hütte

Später im Hotel kam mir der Gedanke, dass es sich bei dem Kind vielleicht auch um ein Opfer des Agent-Orange-Gifts handeln könnte. Nicht weit von dieser Provinz wurde das Gift eingesetzt und ich weiß, dass noch heute Kinder mit Behinderungen geboren werden die auf das Dioxin zurückzuführen sind und auf den Bildern, die ich im Kriegsmuseum in Saigon gesehen habe, waren ähnliche Missbildungen des Körpers zu sehen. Natürlich ist das reine Spekulation, aber wundern würde es mich nicht.

Alles in allem war der erste Tag der Tour jedoch echt super und ich habe hier noch nicht mal alles erzählt. Ich war mir absolut sicher das die Tour ihr Geld wert war. Es war unglaublich entspannt durch die Highlands zu fahren und die grandiose Landschaft zu genießen. Am Abend im Hostel angekommen wollte ich nur noch drei Dinge: essen, duschen und schlafen. Und zwar in der Reihenfolge.

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Wunderschöne Landschaft
Stefan

seit über 10 Jahren Fotograf und seit 2009 offiziell reisesüchtig und permanent von Fernweh geplagt, bin ich immer wieder auf der Suche nach neuen Abenteuern in der großen weiten Welt. Auf meinem Blog möchte ich dir alle meine Tipps zum Thema Reisen und Fotografie verraten und dafür sorgen, dass du perfekt gerüstet in dein nächstes Abenteuer startest! Hier erfährst du mehr Über mich

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