Nach der kleinen Auszeit in Haiphong habe ich aus Zeitgründen den Flieger nach Saigon bzw Ho-Chi-Minh City genommen. Wie man die Stadt jetzt nennt ist eigentlich egal. Jeder weiß was gemeint ist und selbst am Flughafen steht noch groß „Saigon“. Nur bei Beamten sollte man den offiziellen Namen „Ho-Chi-Minh City gebrauchen, habe ich mir sagen lassen.
In Saigon angekommen hat mich der LonelyPlanet mal wieder enttäuscht. Ein Taxi vom Flughafen in das Backpacker-Viertel ist niemals im Leben für 80.000 – 100.000 Dong zu bekommen (also 3-4 Euro). Der erste Preis, der mir genannt wurde, war 20 Euro und diesen konnte ich innerhalb einer halben Stunde etwa auf 12 Euro drücken. Eine Sache die ich absolut hasse sind die Leute, vor allem Taxifahrer, die Touristen gnadenlos ausnehmen wollen. Ich verbrachte letztlich etwa 1 Stunde am Flughafen bis ich dann einen Bus direkt in die Stadt gefunden habe. Das Ganze hat mich 10.000 Dong gekostet (nicht mal 50 Cent) und selbst der Busfahrer hat mich noch abgezockt. Ich habe später gesehen das auf dem Ticket das er mir gegeben hat 4000 Dong drauf stand. Soviel also zu meinem ersten Eindruck von Saigon.
Mein Hotel war wie gewohnt gut und günstig. Wenigstens da hält der LonelyPlanet, was er verspricht, wobei die Preise auch hier wieder nicht stimmen und das obwohl meine Ausgabe gar nicht so alt ist. Nach ein paar weiteren Stunden in der Stadt muss ich jedoch sagen, die Innenstadt polarisiert. Es ist deutlich heißer als in Hanoi (etwa 33-34 Grad) und trotz seinem architektonisch-alten-sozialistischen Charme präsentiert sich die Stadt ziemlich modern. Es sind unglaublich viele Menschen unterwegs und sobald es dunkel wird, verwandelt sie sich in ein Meer aus bunten, Lichtern. Für meinen Geschmack ein bisschen zu viel und zu kitschig, aber ich glaube die Menschen hier stehen darauf. Nachts Fotos zu machen ist jedoch schwierig. Da die Kriminalität hier in Saigon was Diebstahl und Raub betrifft wohl sehr groß ist, sollte man also vermeiden mit seiner Kamera Nachts rumzulaufen. Selbst von den Polizisten und Security, die überall in der Stadt rumstehen wird man angehalten und es wird verlangt das man die Kamera in den Rucksack packt und den Rucksack vor sich trägt. Hier wird echt alles dafür getan Diebstahl zu vermeiden. Ich habe mich jedoch zu keiner Zeit unsicher gefühlt.
Saigon hat um die 12 Millionen Einwohner und ist in etwa ein Dutzend Districts aufgeteilt. Diese werden nach Westen hin so weitläufig und dünn besiedelt, dass das sie sich sogar bis an die kambodschanische Grenze erstrecken. Für Touristen spielt sich jedoch alles in den ersten beiden Districts ab.
Am darauffolgenden Tag habe ich mich erstmal den Sightseeing Hotspots gewidmet und zwar zu Fuß. Heraus kam am Ende etwa 10 km Strecke durch die gesamte Stadt, Blasen an den Füßen, aber dafür habe ich alles wichtige gesehen. Highlights des Tages war hierbei vor allem das Kriegs-Museum. Zugegeben wurden die Dinge dort nicht gerade objektiv dargestellt. Aber das machen die Amerikaner ja bei ihren Berichten und Darstellungen auch oft nicht viel anders. Zu sehen waren neben Ausstellungsstücken von Panzern, Hubschraubern und Flugzeugen auch viele Fotos der Kriegsberichterstatter und vor allem Fotos der Auswirkungen der Bombenangriffe. Darunter auch ein kompletter Raum zum Thema „Agent Orange“, eine der aggressivsten chemische Waffen überhaupt. Agent Orange ist ein Dioxin unter dessen Folgen auch heute noch unzählige Vietnamesen leiden. Es werden heutzutage noch Kinder geboren deren Gene durch das Gift so stark manipuliert sind, dass sie entweder nur einige Monate nach der Geburt daran sterben, geistig zurückgeblieben oder körperlich so deformiert sind, dass ein normales Leben nie möglich sein wird. Es gab Museumsbesucher die sich diese Bilder nicht anschauen konnten. Auch mir war beim Anblick der Bilder sehr komisch zu Mute und ich hatte noch einige Zeit nach dem Museum auf dem Weg zurück ins Hotel eine Gänsehaut von diesen Bildern. Der Tag war praktisch gelaufen. Mir gingen einfach so viele Dinge durch den Kopf und mir ist aufgefallen, dass ich eigentlich so wenig über diesen Krieg weiß.
Am Abend hatte ich eine Verabredung zum Essen mit Giangs Cousine, die mir die südvietnamesichen Spezialitäten zeigen sollte. Und wieder einmal muss ich sagen, dass es einfach genial ist Einheimische vor Ort zu kennen oder kennenzulernen. Nur so hab ich überhaupt die Chance mal weg von den Touristen-Lokalen zu kommen und dort zu essen wo auch die Vietnamesen essen.