Wie bereits im letzten Beitrag angekündigt, geht unsere Zeit in Vietnam nun leider schon zu Ende – als nächstes Ziel steht Laos auf unserem Plan.
Natürlich könnten wir auch fliegen, aber wir ziehen die Einreise über Land vor.
Da wir bei unserer Einreise ein 30tägiges Visa on Arrival beantragen müssen, kommen für uns nur 6 Grenzübergänge in Frage:
Dien Bien Phu – Muang Khoua
Nameo – Xam Neua
Nong Het – Ky Son
Cau Treo – Nam Phao
Lao Bao – Dan Savan
Phou Keua – Bo Y
Die ersten vier liegen zu weit im Norden, bleiben also noch Lao Bao oder Bo Y. Nach langer Überlegung – wir finden kaum Infos und Erfahrungsberichte im Internet – entscheiden wir uns einen Bus von Hue zu nehmen, denn der Grenzübergang Lao Bao liegt nur ca. 170km von Hue entfernt.
Also nehmen wir den Zug zurück nach Hue und suchen uns dort ein kleines Hotel für eine Nacht. Im Hotel angekommen, nutzen wir gleich mal die Chance und fragen nach einem Bus von Hue nach Pakse. Pakse liegt ganz im Süden von Laos und bietet somit einen super Ausgangspunkt für unsere Reise einmal quer durch das Land. Die Rezeptionistin telefoniert kurz und meint, kein Problem am nächsten Tag fährt ein Bus von Hue nach Pakse, das Ticket kostet umgerechnet ca. 24€ und der Bus holt uns morgens um 8 Uhr direkt vor dem Hotel ab, die Fahrt soll ca. 14 bis 15 Stunden dauern.
Das ist genau das, was wir hören wollen und was wir auch so im Internet gefunden haben, also überlegen wir nicht lang und lassen uns auf den Deal ein. Im Nachhinein würde ich jedem raten auch nochmal eine Travel Agency aufzusuchen und zu vergleichen. Aber hey, solche eine Story wie wir sie am nächsten Tag erleben werden, hätte auch über eine Buchung mit einer Travel Agency passieren können.
Nichts ahnend und voller guter Hoffnung in 14 Stunden in Pakse zu sein, warten wir nun also morgens um 8 Uhr auf unseren Bus. Es ist inzwischen schon 8:30 Uhr, aber kein Bus weit und breit. Auf einmal taucht ein Mopedfahrer auf und die Rezeptionistin meint, wir sollen ein Taxi nehmen, das uns zum Bus bringt – die Fahrt würde uns nichts kosten. Also steigen wir ins Taxi ein und das Taxi folgt dem Mopedfahrer durch den Verkehr. Nach 3 Minuten erreichen wir ein Streetfoodrestaurant und kurze Zeit später steigen wir in den Schlafbus ein. Ich frage noch einmal, ob der Bus wirklich nach Pakse fährt, da an der Frontscheibe in großen Lettern der Name der laotischen Hauptstadt steht, die im Norden liegt – als ich einen nach oben gereckten Daumen bekomme, bin ich für’s Erste beruhigt.
Unser Schlafbus gleicht mehr einem Transporter als einem Bus, denn an Bord befinden sich mehr Kisten, Kartons und Säcke als Menschen. Noch nicht ganz aus Hue raus, halten wir an einer Tankstelle und laden noch mehr Waren ein. In die schmalen Gänge werden Reissäcke gestapelt, auf das Dach kommen die Kisten und Kartons. Es fehlen echt nur noch die Ziegen, dann hätten wir von allem was dabei gehabt.
Auf dem Weg zur Grenze – wohlgemerkt nur 170km – halten wir mindestens 5 Mal an, sammeln noch weitere Passagiere und Waren ein. Kurz vor der Grenze steigt dann auch eine Dame ein, die Geld tauscht.
Unser Visa on Arrival muss in Dollar bezahlt werden, aber am Vortag haben wir in Hue keine Dollar bekommen. Schon die ganze Busfahrt über fragen wir uns, ob es noch möglich sein wird irgendwie Geld an der Grenze zu tauschen. Wir wissen es nicht mit Sicherheit, gehen aber stark davon aus, dass es möglich ist – die Frage ist, zu welchem Kurs? Aus der Not heraus tauschen wir kurzerhand im Bus Geld, um auch wirklich unser Visa on Arrival bezahlen zu können. Der Kurs der Dame ist akzeptabel. Vorsichtshalber tauschen wir 10 Dollar mehr als eigentlich notwendig, denn im Internet haben wir gelesen, dass die Grenzbeamten je nach Tagesverfassung auch mal eine Gebühr draufschlagen.
Um 12:45 Uhr erreichen wir dann endlich die Grenze – fast 5 Stunden für 170km – Wahnsinn! Zwar sitzen (bzw. „liegen“) wir in einem Schlafbus, aber das macht die Sache auch nicht angenehmer. Laute Musik dröhnt aus dem Lautsprecher direkt über unserem Sitz und der Fahrer hupt alle zwei Minuten. Schlafen ist wirklich kaum möglich und wir haben nach der Grenze noch fast 500km vor uns. 14 Stunden war wohl ziemlich optimistisch geschätzt…
In Lao Bao müssen alle Insassen aussteigen und zu Fuß die Grenze überqueren, das nehmen wir zumindest an, denn Englisch spricht im Bus keiner. Aus den paar Brocken, die uns der Fahrer zuwirft, schließen wir, dass wir uns gegen 14 Uhr auf der anderen Seite wiedertreffen. Also nehmen wir unsere kleinen Rucksäcke mit Pässen, Geld und Kamera und machen uns auf den Weg nach Laos. Zur Sicherheit machen wir noch ein Foto von unserem Bus inklusive Kennzeichnen.
Ein paar hundert Meter legen wir zurück bis wir die offizielle Grenze erreichen – erst stellen wir uns am Exit-Schalter an, um unseren Ausreise-Stempel für Vietnam zu bekommen. Danach beantragen wir unser Visa on Arrival, das geht alles super easy, ein Passfoto haben wir wie vorgeschrieben dabei – aber als hätten wir es gewusst, verlangt der Grenzbeamten 35 Dollar anstatt der vorgesehenen 30 Dollar. Was will man in dieser Situation sagen? Also legen wir bereitwillig das Geld auf den Tisch und können nach Laos einreisen. Yippie – größte Hürde geschafft, denken wir in diesem Moment, aber es soll noch ganz anders kommen.
Erste Frage: Wo ist unser Bus? Alles was wir verstanden haben, wir treffen uns gegen 14 Uhr nach der Grenze wieder – jetzt ist es 13:45 Uhr, aber unser Bus ist nirgendwo zu sehen. Da wir ja auch ein paar hundert Meter bis zur Grenze laufen mussten, kann es ja sein, dass wir auch jetzt ein wenig laufen müssen. Also machen wir uns auf den Weg und tatsächlich hinter der Kurve taucht ein Parkplatz auf, auf dem ein Bus steht, aber leider nicht unser roter Bus. Wir sprechen den Fahrer an und zeigen ihm das Bild von unserem Bus, er schüttelt den Kopf, zeigt in Richtung Landesinnere und meint „one an half hour“.
Wir wissen es nicht besser und laufen los, noch nicht ganz vom Parkplatz runter, kommt uns ein Auto entgegen und zeigt zurück in Richtung Grenze. Ja was denn nun? Wir haben nur noch 10 Minuten Zeit am Treffpunkt zu sein, wo auch immer der sein mag. Im Bus sind unsere Backpacks mit all unseren Sachen, Medikamenten – nichts, was man nicht ersetzen könnte – aber trotzdem kommt langsam Panik in uns auf. Wir laufen wieder Richtung Grenze, nach 100m kommt uns aber wieder der Busfahrer entgegen und zeigt in die andere Richtung. Okay, dann hören wir jetzt wirklich auf ihn.
Im Eilschritt laufen wir über die matschige Straße in Richtung Dorf, aber wie weit wir auch laufen, unser Bus taucht nicht auf und auch kein Parkplatz. Völlig verzweifelt in der Annahme, dass wir zu spät sind und der Bus ohne uns aber mit unserem Gepäck losgefahren ist, stehen wir nun mitten in der Pampa, total dreckig und nass geschwitzt mit den Nerven völlig am Ende. Da kommt mir die Idee mich per E-Mail an unsere Hotel in Hue zu wenden, die Einzigen, die mir spontan einfallen, die Englisch sprechen. Die haben damals schon sehr schnell reagiert und ich habe die Hoffnung, dass es in diesem Fall genauso ist (Internetempfang haben wir zum Glück so kurz nach der Grenze noch). Die Antwort kommt auch recht schnell, wir sollen uns keine Sorgen machen, sie informieren das Busunternehmen, wenn der Bus schon losgefahren wäre, kommt er auf jeden Fall zur Grenze zurück. Also laufen wir wieder Richtung Grenze und plötzlich erkennen wir in einem Restaurant Menschen, die mit uns im Bus saßen. Ein Glück, der Bus ist scheinbar noch gar nicht über die Grenze gefahren – unser Herzschlag pegelt sich langsam wieder im Normalbereich ein, während wir zur Abkühlung erst mal eine Cola trinken und zusammen mit allen anderen warten und warten und warten.
Um 16:30 Uhr – fast 4 Stunden nachdem wir ausgestiegen waren – dürfen wir endlich wieder einsteigen. Offenbar hat die Crew so lange gebraucht, um die Waren im und auf dem Bus umzustapeln. Ein letztes Mal geht ein Zollbeamter durch den Bus und dann setzen wir unseren Weg fort – wohlgemerkt es liegen jetzt noch 500km vor uns und wir sind schon 8 Stunden unterwegs, haben aber gerade mal 170km zurück gelegt. Na das kann ja was werden.
Augen zu und durch, Kopfhörer rein um das laute Fernsehprogramm, das inzwischen läuft, irgendwie zu dämpfen. Immerhin haben wir einen Stempel im Pass, wir sitzen mit unserem Gepäck im Bus – was soll noch passieren?
Das zeigt sich wenige Stunden später als wir kurz vor 21 Uhr geweckt werden und mit der Nachricht überrascht werden, dass wir in 10 Minuten aussteigen sollen. Ey, das darf doch nicht wahr sein – Pakse ist noch 300km entfernt, die können uns doch jetzt nicht aus dem Bus werfen. Wir versuchen zu verstehen zu geben, dass wir für ein Ticket nach Pakse bezahlt haben und nicht für ein Ticket ins Nirgendwo und wir garantiert NICHT hier aussteigen. Aber es bringt scheinbar nichts, wir müssen aussteigen. Ich bin echt so wütend. Wieso muss uns das passieren?
Der Fahrer drückt uns unsere Backpacks in die Hand und meint dann etwas von „No Money“ geht zu einem Schalter und kommt mit zwei Bustickets nach Pakse zurück. Okay, doch nicht so schlimm wie angenommenen – wir werden doch irgendwie nach Pakse kommen, wenn auch nicht so wie erwartet.
10 Minuten später hält unser Bus nach Pakse, schon etwas in die Jahre gekommen und ziemlich verschlissen, aber das ist uns inzwischen auch egal. Wir sind einfach nur fertig und schlafen den Rest der Fahrt, diesmal im Sitzen, dafür ohne nervige Musik. 7km vor Pakse lässt uns der Bus um kurz vor 2 Uhr nachts am Busbahnhof raus – auch das noch, wie sollen wir jetzt in die Stadt kommen?
Ein findiger Geschäftsmann wittert seine Chance und bietet uns an, uns in die Stadt zu fahren für 40.000 Kip pro Person (4 Euro). Ich glaub, der hat sie nicht mehr alle – auf unseren Bustickets steht 50.000 Kip und wir sind 300km gefahren und er will im Ernst 8 Euro für 7km. Der spinnt wohl, natürlich lasse ich mich nicht darauf ein.
Also setzen wir uns erstmal auf eine Bank am Busbahnhof, versuchen nochmal zu verhandeln, aber er geht nicht runter mit dem Preis. Ich bleibe auch stur, das will ich mir echt nicht gefallen lassen. Also beschließen wir zu laufen, was sind schon 7km – eine Stunde dann sind wir da. Nach ca. einem Kilometer hält dann aber ein Taxi neben uns und macht uns einen besseren Preis, wenn auch der noch zu teuer ist. Aber es ist mitten in der Nacht, wir sind seit mehr als 18 Stunden unterwegs, alles was wir wollen ist ein Bett!
Also steigen wir ein und lassen uns vorm Hotel absetzen – hoffentlich haben die eine 24 Stunden Rezeption und ein freies Zimmer für uns, denn eigentlich haben wir erst für die folgende Nacht ein Zimmer reserviert. Die Tür ist verschlossen, na toll – das fehlt jetzt echt noch. Aber zum Glück geht eine Minute später die Tür auf und wir bekommen ein Zimmer.
Um 3 Uhr sinken wir hundemüde auf die steinharte Matratze und schlafen bis zum nächsten Mittag! Das musste sein, nach all den Strapazen des Tages!!!
Unsere Erlebnisse wünschen wir echt keinem, aber wie gesagt, das hätte uns auch passieren können, hätten wir das Busticket bei einer Travel Agency gekauft. Stressfreier ist wohl doch das Flugzeug.
Was soll’s, Schwamm drüber – wir freuen uns nun umso mehr auf die nächsten 30 Tage in Laos!
Hallo toller Bericht, hat sich bis 2019 noch nichts geändert. Trotz allem werde ich die selbe tour auch dieses Jahr wieder unternehmen. Etwas Abenteuer muss eben sein.
Hi Edwin,
vielen Dank! Das Schöne ist, wenn man sich gedanklich schon mal drauf einstellt, dass nicht alles unbedingt nach Plan läuft, ist es am Ende halb so schlimm. 🙂
Rückblickend können wir auch drüber lachen.
Und natürlich geb ich dir Recht, etwas Abenteuer muss sein! Umso interessanter sind später die Geschichten, die man zu erzählen hat.
Liebe Grüße! Stefan