Unsere Entscheidung steht immer noch aus. Verfolgen wir unseren ursprünglichen Plan und fahren weiter in den hohen Norden oder verlegen wir unsere Reiseroute? Von Nong Khiaw/ Muang Ngoi sind es immer noch knapp 15 Stunden Busfahrt bis Phonsaly. Aber wenn sich schon hier kein Tourist für einen Homestay gefunden hat, wie sieht es dann ganz im Norden aus, wo sich noch weniger Touristen hin verirren?
Es spricht vieles dagegen. Also entscheiden wir uns schweren Herzens gegen Phonsaly und für unsere Alternative.
Sowohl unser Zahnarzt in Berlin – liebe Grüße an Herrn Dr. Radeke – als auch der Reiseführer empfehlen uns, unbedingt die Ebene der Tonkrüge im Nordosten Laos zu besuchen.
Um diesen Plan zu verwirklichen, müssen wir aber erst mal nach Luang Prabang zurück. Also heißt es der Hängematte auf dem Balkon unseres Bungalows mit Flussblick adieu zu sagen.
Um 9:30 Uhr fährt das erste Boot aus Muang Ngoi flussabwärts Richtung Nong Khiaw. Bevor der große Staudamm gebaut wurde, wäre sogar eine Weiterreise per Boot nach Luang Prabang möglich gewesen. So müssen wir den Bus nehmen.
Da in Muang Ngoi die Uhren ein wenig langsamer ticken, planen wir großzügig 1 1/2 Stunden für’s Frühstück ein und liegen damit gar nicht mal verkehrt. Im Gegensatz dazu fährt das Boot pünktlich ab.
Am Bootsanleger angekommen, heißt es schnell sein, denn nur ein kleiner Bus fährt gegen 11 Uhr nach Luang Prabang. Wer also einen Platz im ersten Bus ergattern will, der steigt in ein Songtheaw ein, das ohne Umwege direkt zum Busbahnhof fährt. Wir haben Glück und bekommen noch Tickets für den 11 Uhr Bus, vier Reisende, die mit uns auf dem Boot waren, bleiben jedoch zurück und müssen auf den nächsten Bus warten, der um 12:30 Uhr fährt.
Zurück in Luang Prabang zu sein, fühlt sich vertraut an. Wir checken für eine Nacht wieder im Vilay Vanh Guesthouse ein und kümmern uns um einen Bus nach Phonsavan. Das Ticket inklusive Hotelabholung kostet 125.000 Kip. Wer sein Ticket direkt am Busschalter kauft, bezahlt nur 90.000 Kip.
Am nächsten Morgen regnet es in Strömen, gut dass wir den ganzen Tag im Bus verbringen werden. Nachdem das gesamte Gepäck auf dem Dach verstaut ist, macht sich der kleine Bus um 8:30 Uhr auf den Weg nach Phonsavan. Vielleicht erwähnte ich schon einmal Laos Norden – Berge – schlechte Straßen in einem Zusammenhang. Diese Busfahrt ist echt an nichts zu überbieten.
Die Strecke beträgt ca. 250km. Davon schlängelt sich der Bus auf 200km sieben Stunden mit lauter laotischer Musik und ohne Klimaanlage (dafür aber mit offener Tür) durch die Berge. Eine Serpentine an die andere – ein Hoch auf die Reisetabletten!!! Aber die Aussicht ist wie immer der Wahnsinn.
In Phonsavan angekommen, steigen wir aus dem Bus und sind überrascht vom angenehmen Klima auf 2750 Metern Höhe. Es ist nicht kalt, aber die Luft ist trockener. Und wer 5 Wochen lang 32 Grad gewöhnt ist, dem kommen 26 Grad fast schon ein wenig kühl vor.
Im Januar/Februar kann es hier oben in der Nacht auch mal um die 5 bis 10 Grad kalt werden, da solltest du unbedingt eine Jacke einpacken. Verrückt, und das in Südostasien.
Wir kommen für drei Nächte im Kong Keo Guesthouse unter. Der Besitzer ist ein super lässiger Typ mit feinen Dreadlocks und Kinnbärtchen geht er alles gaaanz entspannt an. Da er nicht nur Schlafplätze (wahlweise im Schlafsaal oder im eigenen frisch renovierten Bungalow) anbietet, sondern auch Touren, kann man sich von ihm den ein oder anderen Tipp für die eigene Tour holen.
Genau das haben wir vor, warum für 25€ eine Tour bezahlen, wenn uns ein Motorroller nur 8€ pro Tag kostet. Ehrlich gesagt hat der gute Mann auch wenig Interesse gezeigt mit uns beiden eine Privat Tour zu unternehmen. Lieber wollte er an seinen Bungalows weiterbauen damit sie noch vor der Hauptsaison fertig werden.
Bevor wir auf Entdeckungsreise gehen, möchten wir aber erst einmal mehr über die Region erfahren. Denn die Region um Phonsavan ist nicht nur für die Ebene der Tonkrüge bekannt.
Zwischen 1964 und 1973 flogen die USA im zweiten Indochinakrieg ca. 600.000 Luftangriffe auf Laos. Das macht im Durchschnitt einen Angriff alle 8 Minuten. Dabei gingen ca. 2,1 Millionen Tonnen Bomben zu Boden. Diese Zahlen verschaffen Gänsehaut und sind einfach unvorstellbar. Auch heute noch 50 Jahre nach dem Krieg haben die Einwohner immer noch mit den Folgen zu kämpfen, denn geblieben sind ca. 78 Millionen Blindgänger, die sich in der Erde verstecken. Dies führt Jahr für Jahr immer wieder zu einer beachtlichen Anzahl schwerer Verletzungen oder sogar zum Tod.
Mehr als 50.000 zivile Opfer gab es durch explodierende Blindgänger – viele spielende Kinder, Bauern, aber was sprachlos macht, auch viele Menschen, die sich durch Armut bedingt mit Absicht in Gefahr brauchten. Da Altmetallhändler gute Preise zahlen, kamen zahlreiche Menschen ums Leben, weil sie versuchten die verwertbaren Materialien aus dem zufällig gefundenen Blindgängern auszubauen.
Um die Gefahr der Blindgänger zu bannen, startete die Regierung mit Hilfe der Experten von MAG (Mines Advisory Group) Mitte der 90er Jahre die erste Räumung und gründete die UXO Lao (Unexploded Ordnance Lao). Mehr als 1000 Laoten wurden zu Räumarbeitern ausgebildet und helfen so, ihr Land langsam wieder zu einer sicheren Lebensgrundlage für die Bewohner zu verwandeln. Co-finanziert werden diese Organisationen von vielen Ländern allen voran aber den USA – na versucht hier jemand etwas wieder gut zu machen?
Das alles erfahren wir vor Ort – das MAG Informationen Center und das UXO Survivor Information Center liegen direkt nebeneinander an der Hauptstraße. Klein aber fein und echt einen Besuch wert.
Die Laoten nehmen das Thema aber nicht ganz so schwer. In Phonsavan findet man zum Beispiel ein Restaurant mit den Namen „Craters“ oder ein anderes namens „Bombie’s“. Auch werden Teile von Bomben umgebaut zu Feuerstellen oder Sitzbänken, Patronenhüllen als Schlüsselanhänger etc.
Nach dieser etwas anderen Geschichtsstunde schwingen wir uns auf den Motorroller und machen uns auf den Weg zu den drei Stätten der Ebene der Tonkrüge, die seit 2005 kampfmittelfrei sind.
Warum die Übersetzung wohl „Tonkrüge“ heißt? Treffender wäre wohl Ebene der Steinkrüge. Denn offensichtlich sind die Krüge, die hier de Landschaft zieren aus Stein und nicht aus Ton. Bis heute ist unklar wie die riesigen Krüge in die Hochebene gekommen sind, nur eins steht fest, sie wurden wohl als Urnen genutzt.
Alle drei Stätten liegen in unmittelbarer Nähe von Phonsavan. Wir fahren zuerst die zweite Stätte an. Genau wie bei der dritten Stätte ist hier kein anderer Tourist nur ein paar Kühe grasen auf den Ebenen. 10.000 Kip pro Person werden jeweils als Eintritt fällig.
Jar Site 2 kann direkt mit dem Motorroller angefahren werden. Beim Jar Site 3 müssen wir uns durch’s Reisfeld schlagen. Als wir mit nassen Füßen wieder am Parkplatz eintreffen, belohnen wir uns aber mit einer leckeren Nudelsuppe. Die Köchin versteht auch ein bisschen Englisch – zumindest reicht es um verständlich zu machen, ob man seine Suppe mit Huhn, Rind oder ganz ohne Fleisch haben will.
Da wir wegen des besseren Lichts gern erst nachmittags unsere Ausflüge starten, reicht die Zeit nicht mehr für Jar Site 1. Dafür dürfen wir auf dem Nachhauseweg einen farbenprächtigen Sonnenuntergang bestaunen.
Jar Site 1 besuchen wir erst am nächsten Tag. Es ist viel größer, viel touristischer, kostet 15.000 Kip Eintritt + Parkplatzgebühr und vor allem einheimische Touristen pilgern hierher.
Generell lässt sich sagen, dass die Steinkrüge überall gleich aussehen – wer lieber die weitere Umgebung erkunden möchte, dem sollte der Besuch einer Stätte reichen. Zum Beispiel hat man eine gute Aussicht vom Phou Kheng (18km westlich von Phonsavan), laut Guesthouse Besitzer sind es aber 1700 Treppen bis hinauf auf den Berg. Auch kann sich eine Tour nach Muang Khoun (ehemalige Provinzhauptstadt) oder zur Nong-Tang-Buddha-Höhle lohnen.
Den letzten Abend in Phonsavan lassen wir im Nisha Restaurant ausklingen, ein super leckeres indisches Restaurant, das nur zu empfehlen ist.
Da unser Visum für Laos ausläuft, müssen wir uns mit dem Bus zurück auf den Weg nach Vientiane machen. Von dort nehmen wir diesmal das Flugzeug um über die Grenze nach Thailand zu kommen. Irgendwie haben sich die Erinnerungen an den letzten Grenzübergang über Land etwas zu negativ in unser Gedächtnis eingebrannt.
Das Busticket nach Vientiane bekommen wir ganz unkompliziert in unserem Guesthouse. Für 110.000 Kip geht es mit einem kleinen Bus in 10 Stunden in die Hauptstadt. Leider funktioniert die Klimaanlage hier auch wieder nicht, und so bleibt die Tür während der Fahrt meist geöffnet. Da die Straßen in Laos aber nicht immer geteert sind, müssen aufgrund des aufwirbelnden Staubs Busfenster und Türen manchmal auch geschlossen bleiben – wie ich mich freue, dass wir jetzt erst mal eine Woche in Chiang Mai ausspannen und mindestens eine Woche keinen stickigen Bus von Innen sehen müssen.